Letztes Jahr ist meine Großmutter gestorben. Beim Sortieren ihres Nachlasses fanden wir ein Bündel Liebesbriefe .
„Es wird dir ja auch gehen wie mir, dass du dich einsam fühlst. Es waren doch herrliche Tage und schöne Abende, wenn ich bei dir sein konnte.“
Der unbekannte Verehrer war ziemlich hartnäckig, trotzdem hat sich die damals neunzehnjährige Maria für einen anderen entschieden.
„Ich habe dir in letzter Zeit wenig oder bereits gar nicht mehr geschrieben aus dem einen Grunde, weil ich spüre, dass es noch nicht die richtige Liebe ist. Ich kann nicht anders als tun, wozu mich mein Herz drängt.“
Abgesehen von diesen Briefen und so unromantischen Dokumenten wie Kontoauszügen und Todesanzeigen umfasst Marias Nachlass auch die losen Seiten eines knapp hundert Jahre alten Backbuchs von Dr. Oetker. Eines der Plätzchenrezepte habe ich für Zeit Online abgetippt.
Ich stelle mir vor, wie meine Nachkommen sich später mal durch meine Rezeptsammlung wühlen. Bis auf wenige Ausnahmen ist sie digital, in Form von Foodbloglinks, iPhone-Notizen und Wunderlisten. Das macht es einfacher, aber auch weniger magisch. So, als vergleiche man Tinder-Chatverläufe mit Omas handgeschriebenen Liebesbriefen.