Was man als Reisejournalistin so alles auf sich nimmt: halb-lebendige Hühnereier essen, literweise lokale Brauerzeugnisse trinken, auf dem Moped von einer Völlerei zur nächsten fahren und nicht mal Zeit für einen Verdauungsspaziergang. Für Zeit Online habe ich meine Erlebnisse mit Saigon Street Eats aufgeschrieben.
Alle Artikel veröffentlicht in ‘Nachts’
Wermut kommt von Übermut
„Ich meine, wenn wir weiterhin zusammenarbeiten wollen, können wir auf keinen Fall so reden. Das ist schon jetzt sehr, sehr, sehr, sehr schlimm.“ – „Ja, ich weiß.“ Sie senkte den Blick. „Und du bist verheiratet.“ – „Ja genau. Genau! Da haben wir’s.“ – „Da haben wir’s, ja.“ – „Ich besorge dir mal deinen Martini.“ Liebe …
Not all of us who wander are lost – Ein Spaziergang durch Tokio
Eine Stadt zum Flanieren ist Tokio nicht. Dafür ist es zu groß, zu hektisch und „Fußgängerzone“ ein Fremdwort. An einem dieser Abende, an dem ich mich aus Protest auf den Bürgersteig setze wie ein Kind, weil meine Füße so sehr schmerzen, lacht mein Gastgeber, nimmt mein Telefon in die Hand und weiß Bescheid: Beinahe 18 …
Tiere trinken
Es gibt viele Gründe, warum das Tier zu den besten Bars Berlins gehört. Zum Beispiel wegen der Drinks. Ein Buch – so schön gestaltet, dass es auf einem Stehtisch thront – listet Klassiker und Innovationen auf, den Erklärungen sind Tierzeichnungen beigestellt. Eine ganze Seite gehört den Negronikreationen. Hinter der Bar lagern Kolben mit Rosmarinessenz und Lindenblüteninfusion, ein bisschen wie im Chemiegrundkurs. Die Barkeeper sind in der Mehrzahl männlich, das gehört, glaube ich, zum Konzept. Für obskure Kundenwünsche haben sie ein offenes Ohr, das Ergebnis wird nach dem Wünschenden benannt. Möglicherweise erinnert man sich irgendwann einmal an „Eva“, einen Longdrink aus Kirschsaft und Frangelico.
Auf einem altmodischen Fernsehgerät krault im Loop ein Männertorso eine Perserkatze, es handelt sich um James Bonds Gegenspieler Ernst Stavro Romanov Blofeld. Gegen zwei Uhr schließen sich die elektrischen Vorhänge und sperren den Weserstraßenwahnsinn aus. Von nun an muss man um Einlass klingeln und / oder mit dem Tiersteher diskutieren. Es wird logischerweise ab da immer schöner.
Wer draußen auf Einlass wartet, hat Zeit, über den aktuellen Aphorismus im Leuchtkasten neben dem Eingang nachzudenken. Jedes Mal, wenn ich herkomme, steht dort etwas anderes – noch ein Grund, hier in schöner Regelmäßigkeit zu trinken.
So schmeckt Havanna
Fangen wir mit etwas Positivem an. Lieblingsort I in Havanna: die Dachterrasse des Hotel Ambos Mundos. Perfekte Sicht, laues Lüftchen, kleine Preise. Lieblingsort II: das El Escorial an der Plaza Vieja. Dessen siebzehn verschiedene Kaffee-mit-Schnaps-Kombinationen lösen bei dreißig Grad im Schatten zwar nur bedingt Begeisterung aus, dafür hat man auch ohne Dachterrasse den Blick auf einen …
R.S.V.P. – Cocktailparty in der Abrissbude
Die leider in Vergessenheit geratene Cocktail-Party: da denke ich an den Großen Gatsby, an zierliche Charleston-Kleider, Straußenfedern im Haar, Einstecktuch bei den Herren. An Whiskey-Tumbler und Kristallschalen, an aufgespießte Oliven und Silberlöffel. Eingeladen werden die Gäste per handgeschriebener Postkarte, mit der Grußformel R.S.V.P. oder, eine Nummer kleiner, u.A.w.g. Eine Cocktailparty ist die erwachsene Version des …
Negroni, my love
Die Neue Heimat wächst und wächst. Jüngster Neuzugang auf dem Gelände ist die Bar & Food Night. Jeden Freitag zeigen wechselnde Bars, wie diese Woche unter anderem das Melody Nelson, was einen guten Drink ausmacht. Immer mit dabei ist der hauseigene Bloody Mary-Stand. Ehrgeiz zeigen die Betreiber auch beim musikalischen Programm, das von Jazz bis zu Elektronischem reicht. Letzteres von lokalen Größen wie Soukie & Windish oder Dada Disco – kein Wunder, schließlich vereinen Sebastian Baier, Danny Faber und Andreas Söcknick als ehemalige Betreiber der Bar 25 und des Chalet viele Jahre Club-Credibility.
Burgerfett statt Kippenrauch
Für Welt Icon habe ich mich weit aus dem Fenster gelehnt und behaupte einfach mal ganz keck: Essen ist das neue Ausgehen.
Erschienen am 28. Oktober 2014 in der Welt Kompakt und hier online.
& und &: Chronologie einer Nacht
An einem Samstag im September
Es ist der Tag des Kaffees. In Berlin-Mitte ist das ja gefühlt jeden Tag der Fall (alle haben immer Urlaub oder arbeiten in der Kreativbranche, sitzen also im Café vor ihrem Mac), aber am Samstag, den 6. September ist es das ganz offiziell. Pro Macchina lädt zu einem Coffeetasting, wo man sich durch verschiedene Sorten …
Die noch schönere Nebensache
Wie viel die Toiletten über ein Restaurant aussagen, wurde hier bereits erörtert. Konkurrenz bekommt das Toca Rouge jetzt ausgerechnet aus dem tiefen Westen. Die Monkey Bar im obersten Stockwerk des Bikini Haus wird bereits jetzt zu gleichen Teilen gehypt und gehasst. Was die Drinks angeht, schlage ich mich auf die Seite der Fans. Anders als …
Die schönste Nebensache
„Toiletten sind die Visitenkarten eines Restaurants“, sagt meine Mama. Wenn das stimmt, ist das Toca Rouge die allererste Adresse auf der an ersten Adressen nicht armen Torstraße. Kaum größer als die durchschnittliche WG-Küche; genau genommen so klein, dass man praktisch auf dem nimmt auf dem Schoß des Nebensitzers Platz nimmt. Allein essen gehen geht immer (finde ich) …
Von Hasen und Hirschen
Wer lange sucht, wird endlich fündig: Nach fünf Jahren im Simon-Dach-Kiez habe ich kurz vor meinem Umzug endlich einen guten Ort zum Trinken gefunden. Mehr als das, The Antlered Bunny wird umgehend in die Liste der Lieblingscoctailbars aufgenommen. Anders als in den umliegenden Etablissements bedeutet Cocktail hier nicht, dass Schirmchen in den Gläsern hängen. Kaum größer als eine WG-Küche, bietet dieser Häschenbau doch Platz für alle, notfalls werden zusätzliche Hocker herangeschafft. Am schönsten sitzt es sich in der kleinen Höhle links des Eingangs.