Es gab wieder Ameisen. Bevor Otto Ursus jedoch reduziert wird auf den „Typ mit den Ameisen“, schreibe ich ganz schnell viel Gutes, das nichts mit Insekten zu tun hat.
Zum ersten Mal habe ich ihn bei seinem Pop-Up-Dinner im Wagner Cocktail Bistro in Aktion erlebt. Allein sein damals servierter Saiblings-Taco mit fermentiertem Eigelb hatte für mich das Zeug zum Signature Dish.
An diesem Sonntag hat Vadim im MARS I Küche & Bar gekocht. Los ging es mit einem Aperitif aus Craft Beer und Waldmeister, sozusagen einer Berliner Weiße in „trinkbar“, die ganz gut zeigte, wohin die Reise geht: ein Stück aus der Hauptstadt raus, allerdings nicht bis nach JWD. Im Biosphärenreservat Schorfheide Chorin hat sich Vadim eine Versuchsküche gebaut, wo er mit Fermentationstechniken experimentiert und mit dem, was Brandenburg ihm gibt.
Zu selbstgerechten Mixed Pickles gab es wieder das herrliche Beutebrot von Domberger Brot-Werk GmbH & Co KG. Natürlich mit viel Butter! Es folgten Soleier mit Pfifferlingsmayonnaise und mit verkohlter Zwiebel bestäubte Schwarzwurzeln mit Nussbutter, ein auf den ersten Biss simples Gericht, das in all seiner technischen Präzision (ich meine: verkohlter Zwiebelstaub!) ein Kindheitswohlgefühl schaffte, was bei vielen technisch präzisen Gerichten leider nicht der Fall ist. Der folgende in Salzlake gegrillte Bachsaibling war nussbutterzart, die Crème Fraîche auf Wunsch mit Ameisen besprenkelt.
Bei Eis liegt meine Messlatte ziemlich hoch. Was es Schlechtes über das Rohmilcheis mit Holunderbeere und Pflaumenkern zu sagen gibt: Dass so wenig davon auf dem Teller war. Dafür kam ich beim zweiten Dessert auf wundersame Weise zu einer doppelten Portion. Das Dinkel-Koji-Konfekt mit Kirschhaut und Topinamburblüte war eine Herausforderung für angehende Zutaten-Rate-Profis: Eis, Crunch, süß, Umami, ein bisschen Weingummi. Ich jedenfalls wäre nicht drauf gekommen.
Wie Vadim auf solche Ideen kommt, was er in seinem persönlichen JWD macht und warum man sich seinen Namen merken muss, und zwar nicht als den Typ mit den Ameisen, steht dann bald in der WELT.

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